Wie spielt man eine Musikapp richtig? – Gitarre spielen mit der App guitarism

Smartphones und Tablets können mit Apps in ein Musikinstrument verwandelt werden. In den App Stores gibt es dafür eine vielfältige Auswahl, die von einfachen Soundtoys bis hin zu DJ-Anlagen, Drumcomputern, komplexen Synthesizern und mobilen Studios reicht. Die Spanne möglicher Umgangsformen reicht vom Experimentieren, Improvisieren, Arrangieren und Komponieren allein vor dem Gerät bis hin zum Ensemblemusizieren mit in Gruppen.

 

Viele Musikapps bieten eine Vielzahl an Steuerelementen und können mit zwei Händen gespielt werden. Im Vergleich zu Smartphones haben Tablets einen größeren Bildschirm, um Klaviertastatur, verschiedene Panels, Regler etc. graphisch auf dem Touchscreen darzustellen. Zudem lassen sich die mobilen Digitalgeräte für Musikmachen mit Apps um verschiedenes Equipment wie externe Soundkarten, Controller und Stative erweitern, die Musiker im Proberaum, im Studio oder auf der Bühne verwenden.

Aber wie spielt man nun auf Musikapps? Vorangestellt sei folgende Beobachtung: In unseren Workshops, Unterrichtsstunden, Musik-AGs oder Seminaren, in denen wir mit unterschiedlichen Gruppen Musik mit Apps machen, fällt immer wieder auf, dass Tablets zum Musizieren auf den Tisch gelegt werden. Aber wenn es um das Musikmachen etwa als Band geht, dann sieht das auf der Bühne nicht nur seltsam aus, sondern schränkt auch die Spielbewegung ein. Beobachtete Situationen wie diese waren Beweggrund dafür, sich einmal mit Spielweisen und die Veränderungen dieser Sielweisen durch Stative innerhalb von Ensemblesituationen in einer kurzen Serie von vier Blogbeiträgen auseinanderzusetzen.

Verbunden damit ist auch der Einblick in unterschiedliche Möglichkeiten populärer Musikapps. Dabei liegt das Augenmerk auf denjenigen Musikapps, die sich innerhalb unserer eigenen musikalischen und musikpädagogischen Praxis bewährt haben. Angefangen werden soll mit einer App, mit der man eine virtuelle Gitarre spielen kann.

Wie spielt man eine Musikapp nun richtig?

Eine etablierte Spielweise wie bei traditionellen Musikinstrumenten z.B. einer Violine, einer Gitarre oder eines Schlagzeugs hat sich für das digitale Musikmachen (noch) nicht entwickelt. Etablierte Spielweisen sind entweder sogenannte ergonomische, den Körper nicht strapazierende Vorgaben oder aber übliche, konventionelle Spielweisen in musikalischen Praxen nach dem Motto „Man spielt das Instrument eben so. Basta!“ Diese Konventionen erkennt man an den eigenen Irritationen, etwa wenn Salut Salon ihre Streichinstrumente in extremen Körperhaltungen spielen, der Koreaner Zack Kim Yong Woon†gleichzeitig zwei Gitarren wie ein Klavier spielt oder Bela B. im Stehen Schlagzeug spielt.

Die Programmierer von Apps geben unterschiedliche Spielkonzepte vor bzw. die Technik schränkt Nutzungsweisen ein. Beim Musikmachen erinnern die Spielweisen von Apps nicht selten an etablierte, konventionelle Nutzungsweisen wie beim SMS-Verfassen oder Games spielen. Aber dies lässt sich nicht generalisieren. Vielmehr eignen sich die Nutzer durch Erkunden individuelle Spieltechniken an, wodurch sich grundsätzlich verschiedene gegenüber stehen.

Guitarism: Einfach Gitarre spielen

Eine beliebte App zum Spielen von Gitarrensounds auf dem iPad ist guitarism. Das Erscheinungsbild der App ist einer Gitarre nachempfunden. Das Interface ist in zwei Bereiche aufgeteilt, die verschiedene Aufgaben erfüllen und jeweils mit einer Hand bedient werden: Auf dem einen Bereich des Bildschirms werden virtuelle Gitarrensaiten dargestellt. Diese können angeschlagen (strumming) oder einzeln gezupft (picking) werden. In einem zweiten Bereich lassen sich in sechs Feldern Akkorde wählen und individuell anpassen. Diese können während des Spiels mit der linken Hand gewechselt werden, während die rechte das gewünscht Anschlag- oder Zupfmuster spielt.

Wie das Video zeigt, lassen sich mit der App guitarism drei verschiedene Spieltechniken realisieren. Spielen in der Hand, angeschrägt oder flach auf dem Ständer.

Wird das Tablet in der Hand gehalten, so muss die haltende Hand gleichzeitig die Akkorde anwählen. Dies unterscheidet sich von der gewohnten Spielweise mindestens für Konzertgitarrist_innen. Bei einer klassischen Gitarre wird das Instrument im Sitzen auf dem Knie abgesetzt. Die Hand greift allein die Akkorde, was durch einen speziell geformten Gitarrenhals unterstützt wird. Das Tablet ist mit aufgrund seiner Bauweise im Vergleich zu seinem realen Vorbild auf eine solche Handhabung nicht ausgelegt und verkompliziert somit ein Spielen ohne Hilfsmittel.

Allerdings werden auch herkömmliche Gitarren – akustische wie elektronische – in den seltensten Fällen allein von den Händen gehalten. Stattdessen werden diese Instrumente entweder auf dem Knie abgelegt (im Sitzen), mithilfe eines Gitarrengurtes getragen oder sogar in speziell angefertigten Gitarrenspielständer fixiert. Die Nutzung von Gurten, Ständern und Stativen als Hilfsmittel zum Halten des Instrumentes ist von vielen traditionellen Instrumenten wie Gitarre oder Schlagzeug ist bekannt. Vor diesem Hintergrund liegt die Nutzung eines Statives beim Musikmachen mit Tablets nahe.

Flexibel mit dem Stativ

Wie für herkömmliche Instrumente, sind auch für iPads angepasste Halterungen und robuste Stative verfügbar, die das beidhändige Spielen ermöglichen. Durch eine geeignete Wahl von Höhe und Neigungswinkel des Stativaufsatzes kann das iPad optimal positioniert werden. Will man eine übliche Gitarrenhaltung einnehmen, kippt man das iPad so, dass die Glasplatte vom Spieler weggerichtet ist, wie das Schallloch der Gitarre. Das Konzertvideo vom DigiEnsemble Berlin kann man hiervon einen Eindruck erhalten.

Das iPad ist im Stativ sicher fixiert, sodass man sich keine Sorgen machen muss, es beim Spielen versehentlich aus der Hand zu verlieren.

Selbstverständlich kann das Tablet ebenso horizontal im Stativ befestigt werden. In dem Moment erinnert das Spielen jedoch nur noch wenig bis gar nicht an konventionelles Gitarrenspiel (im weitesten Sinne auch an die Spieltechnik einer Hawai-Gitarre), sondern eher an das mit einem Keyboard oder Schlagzeug. Jedoch ist das „Zupfen“ auf der App guitarism dadurch leichter, da man genau sehen kann, welche der virtuellen Saiten man aktiviert.

Fazit

Grundsätzlich sind also mit der App guitarism sowohl jene Spielweisen möglich, bei der das iPad in der Hand gehalten wird als auch solche, bei denen es im Stativ fixiert ist. In unseren eigenen Versuchen erwies sich vor allem dann, wenn eine größere Anzahl von Akkorden gleichzeitig benötigt und virtuose gespielt wird, das Stativ als nützliches Hilfsmittel.

Instrumentenstative für iPads: Tablets als Musikinstrumente

Zwischen Notenpulten, Keyboardständern und Mikrofonstativen lassen sich im Angebot von K&M auch Halterungen und Stative für die verschiedenen iPad-Modelle und andere Tablets finden. Doch was haben Tablets mit dem Musikmachen zu tun? Sehr viel! Denn diese mobilen Digitalgeräte sind in vielen Musikpraxen etabliert. Die mobilen Alltagsgeräte bieten sich z.B. dazu an, als digitale Alternative zum Notenpapier, als Stimm- oder Effektgerät und als Hilfsmittel eingesetzt zu werden. Doch auch als Musikinstrumente bieten Tablets neue Wege an, sich musikalisch auszudrücken. Mit entsprechenden Stativen können die Möglichkeiten iPads im Proberaum und auf der Bühne zu verwenden noch weiter ausgebaut werden.


Appmusik

Das ständig wachsende und immer differenziertere Angebot in den App-Stores beinhaltet derzeit mehr als 30.000 Apps allein in der Kategorie Musik: Neben Player- und Radio-Apps, auch einige Tausend zum Musizieren mit den Mobilgeräten wie iPhone, iPod touch, iPad sowie Geräten mit Android oder Windows 8. Das Potenzial der Art des Musikmachens mit Apps wird immer wieder von professionellen Musiker/innen in Online-Communities oder praktisch wie beim DigiEnsemble Berlin ausgelotet. Und das natürlich auch unter Einsatz von Stativen, wie das folgende Video zeigt:

Aber nicht nur in professionellen Musikprojekten finden Musikapps ihren Einsatz. Auch in Angeboten für Kinder und Jugendliche wird das Musizieren mit Tablets vielerorts bereits genutzt. Beispiele dafür sind: der Musikunterricht mit Apps von André Spang an der KAS in Köln oder Paul Shimmons in Michigan, die New Yorker PS 177 Technology Band (eine Schülerband einer Schule mit sonderpädagogischem Schwerpunkt), touching music oder app2music – Appmusik-AGs an Berliner Schulen.


Kinder und Jugendliche: Musik mit Apps

Bei app2music, unserem eigenen seit 2014 vom Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung geförderten Kulturellen Bildungsprojekt, geht es gleichermaßen zentral um Apps und Musik. Initiiert von Matthias Krebs und Marc Godau ist app2music ein Kooperationsprojekt zwischen mehreren Berliner Schulen und der Forschungsstelle Appmusik an der Universität der Künste Berlin.

Wöchentlich treffen sich bei app2music Jungen und Mädchen in mehreren parallel laufenden AGs an verschiedenen Berliner Schulen, in denen sie auf eigenen oder gestellten Tablets komponieren, improvisieren und ihre Lieblingsmusik nachspielen. Die Ergebnisse werden in Schulkonzerten präsentiert. Wichtig ist uns dabei, dass während der gemeinsamen Zeit eine Umgebung geschaffen wird, in der es um die Interessen der Schüler/innen, ihre Ideen und schließlich um ihre Musik geht.

Binnen eines Jahres hat sich das Projekt in vielen Bereichen stark entwickelt: Es sind viele weitere Schulen hinzugekommen, es wurde mit dem Dieter-Baacke-Preis ausgezeichnet und seit Anfang 2015 wirken über 20 professionelle Musiker/innen beim Ausbau der Community mit. Letztere tauschen Erfahrungen aus eigenen app2music-AGs aus und bringen somit neue Ideen und Potentiale in das Projekt mit ein.


Ziele von app2music

Die Arbeit von app2music beschränkt sich folglich nicht nur auf das Vorbereiten einzelner Präsentationen, in der Schule im Rahmen eines Konzertes zu Weihnachten oder beim Sommerfest. Denn darüber hinaus entwickeln die Kinder eigenen musikalischen und medienbezogenen Kompetenzen weiter. Sie erfahren sich als kreative Gestalter ihrer musikalischen Welt und lernen aufeinanderbezogen zu musizieren. Dafür nutzen sie die Medien nach den eigenen ästhetischen Bedürfnissen und reflektieren den Umgang mit diesen kritisch. Und das Ganze wird gerahmt von dem Ziel der Verknüpfung außerschulisch erworbener Kompetenzen mit denen aus Bildungsangeboten.

Da die Mitarbeiter/innen bei app2music zudem professionelle Musiker/innen unterschiedlicher Genres wie Hip-Hop oder Rock sind, ist es ein Anliegen, dadurch möglichst authentische Kunstprojekte zu initiieren.


Instrumentenstative für das Tablet

Im Zusammenhang der Musik-AGs haben wir bereits erste Erfahrungen sammeln können, wie sich das Musizieren mit in Stativen befestigten Geräten im Vergleich zu auf dem Tisch liegenden Tablets (was schnell an Schulunterricht erinnert) ändert.

 

Es gab einen Auftritt einer app2music-AG, bei dem sowohl Eigenkompositionen als auch nachgespielte Stücke vor dem Publikum des Sommerkonzertes der Schule aufgeführt werden. Besonders ist daran wohl die Inszenierung: Zwei Jungen mussten aufgrund fehlender Stative am Tisch sitzen. Die anderen Spieler/innen hatten Bewegungsfreiheiten nicht nur beim Musizieren im Stehen, sondern konnten sich ebenso mit dem gesamten Körper zur Musik bewegen.

Es handelt sich bei den Stativen um herkömmliche Studio-Stative mit einer speziellen Halterung für das iPad. Damit kann die Höhe und der Neigungswinkel sowie die Ausrichtung als Hochformat und Querformat beliebig variiert werden. Für die Kinder bedeutet das auf der Bühne mehr Flexibilität: wenn sie im Stehen spielen, können die Stative auf die Körpergröße angepasst werden, aber auch der Einsatz im Sitzen ist möglich.
Und das ist nur der Anfang.


Einsatz der Stative bei app2music

Seit 2015 haben wir nun bei app2music die Möglichkeit, eine größere Anzahl der iPad-Stative im Rahmen der Appmusik-AGs intensiv zu erproben. In der großen Community mit Musiker/innen unterschiedlichster Genres werden dabei die Erfahrungen des Einsatzes mit den Stativen untereinander ausgetauscht und gemeinsam bewertet.

Ob und wie die Kinder die Stative annehmen und ihr musikalisches Verhalten dadurch verändern, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Bisher lagen die iPads zum Spielen oftmals auf den Tischen, was insoweit negativen Einfluss auf die Effektivität ihres Spiels und auf die ästhetische Darbietung des Musizierens hatte, als dass sich daraus teilweise eine eher laxere Sitzhaltung und damit ein laxeres Auftreten, also eher ein “Lümmeln” ergab. Mit den Stativen hingegen können die iPads nun im Raum verteilt werden, mit unterschiedlichen Einstellungen (Höhe und Winkel) experimentiert werden und in freieren Inszenierungsformen Musik gemacht werden.

Der weitere Einsatz der Stative wird uns also zeigen, wie sich die musikalische Praxis mit iPads durch dieses Zubehör verändert. Wir sind besonders gespannt, was die Kinder und Jugendlichen in den AGs damit machen.

Die Ergebnisse des Austauschs können anschließend wieder von den Mitgliedern in ihre eigene Praxis eingebracht werden. Geplant ist ferner, dass wir die Erfahrungen und Erkenntnisse in kommenden Artikeln sowohl auf dem app2music-Blog als auch auf diesem Blog genauer beschreiben und zur Diskussion stellen.